Kommt mit nach Kiliyanur!
Gute einadhalb Wochen habe ich nun schon den TELC Kindergarten in Kiliyanur besucht und ich möchte euch an meinen Eindrücken teilhaben lassen, indem ich euch einen Tag mitnehme. Ein Arbeitstag in Kiliyanur. Vorab gesagt: Der Tag, wie ich ihn im folgenden beschreibe, ist ein Produkt dessen, was ich in dieser Zeit gesehen, gehört, gefühlt und geschmeckt habe und ist von daher sehr subjektiv.
Trotzdem
hoffe ich, dass ihr euch die Umgebung und das ganze drumherum so gut
wie möglich vorstellen könnt.
Aber
nun geht’s los!
Morgens
7:00 Uhr. Der Wecker klingelt. Noch ein paar mal drehe ich mich um,
bis ich mich aufraffe unter die kalte Dusche zu springen. Ach nein,
der Duschkopf tröpfelt ja nur, wenn überhaupt. Also heißt es Eimer
holen, Wasser einlaufen lassen und sich mit einem Messbecher
abbrausen. Ich gehe nebenan ins Bad, drücke den Lichtschalter,
klack: es tut sich nichts. Wäre auch zu schön, wenn der Strom den
ganzen Tag funktionieren würde. Naja, ein Glück, dass es früh hell
wird und durch ein kleines Fenster ein bisschen Sonnenlicht scheint.
Vor
dem Frühstück noch schnell 2 Flaschen bottled water, Geld für die
Busfahrt, ein Notizbuch, ein Tamil Wörterbuch und ein Handy
eingepackt und runter geht’s zum essen. Welch eine Überraschung es
gibt Idli (Reisfladen) mit einer Kokossoße!
Um
zehn vor neun geht’s nach dem Morning prayer unterm Mangobaum auch
schon los zur Busstation.
Zeitsprung
9:15.
Ich sitze im Bus. Am Fensterplatz. Am Busbahnhof tummeln sich viele
Leute. Vor allem viele Jugendliche. In ihrer Schuluniform stehen sie
in Grüppchen und starren mich an. Hinter vorgehaltener Hand kichern
und tuscheln sie. Allen anderen, die noch nicht bemerkt haben, dass
zwei „weiße“ im Bus sitzen, wird es im Nu durch antippen und
einem Fingerzeig auf uns verdeutlicht. Mir wird klar, es spielt keine
Rolle inwieweit ich versuche mich durch die Kleidung der Inder in
diesemLand anzupassen, ich bin anders als sie. Jedenfalls wird
mir durch diese vielen Blicke das Gefühl gegeben. Ich bin eine Fremde in diesem Land und ich stelle mir die Frage, ob sich das in
diesem halben Jahr noch ändern wird. Außerdem stelle ich mir die
Frage, was die Leute wohl denken mögen, wenn sie uns sehen. Manche
scheinen hellhäutige bisher nur von Plakaten oder aus Filmen zu kennen.
Schließlich
rollt der Bus an. Wir verlassen Mayiladuthurai.
Auf
schmalen, mit Schlaglöchern übersähten Straßen, holpern wir durch
immer mehr dörflichere Regionen. Der Fahrtwind lässt eine frische Brise durch den Bus ziehen. Hin und wieder sieht man vom Feld oder
einem Grundstück her kommend große Rauchschwaben aufsteigen, es
wird mal wieder versucht den Müll zu verbrennen. Auf vielen
Reisfeldern stehen Frauen und Männer in gebückter Haltung und ernten
den Reis. Sie stehen Schienbeintief im überfluteten Feld und ziehen
mit viel Mühe die grünen Gräser heraus. (Wo da der Reis sein soll,
weiß ich auch noch nicht.)
Es
bleibt nicht lange Zeit um darüber nachzudenken, denn schon fährt
man wieder an kleinen Hütten vorbei, die sehr winzig sind. Die Tür
steht meist offen, sodass man einen kleinen Blick hineinwerfen kann.
Man sieht einen Raum in dem spärlich ein paar Schränke oder Regale
stehen. Ein paar Radumdrehungen später sieht man eine Frau mit
Zahnbürste im Mund an einer Wasserpumpe stehen, um Wasser zu holen.
Es scheint als spiele sich das Leben größtenteils auf der Straße
ab. Wir holpern also weiterhin auf schmalen Straßen entlang, bis auf
einmal ein Bus in gegenüberliegenden Fahrtrichtung um die Kurve
prescht, beide Busse sich durch langes hupen aufeinander aufmerksam
machen und dann versuchen sich auszuweichen. Die klappt aus mir
unerklärlichen Gründen doch immer irgendwie.So auch heute.
Mir
schlagen-durch das enge aneinanderherquetschen der Busse Äste durchs offene Fenster ins Gesicht, aber das nehme ich gerne
in Kauf, denn ich froh, wenn ich heile an der Zielhaltestelle
ankomme. Ein letztes Hinderniss wartet jedoch noch. Da liegt mal
wieder eine Horde Ziegen faul mitten auf der Straße und bequemt
sich erst nach viel gehupe aufzustehen und Platz zu machen Nach circa dreißig Minuten sind wir da.
Den
Rest des Weges zum Kindergarten legen wir zu Fuß zurück. Die Sonne
gibt heute mal wieder alles und unsere Begleitung Uma- die
Nähschullehrerin im Gebäude neben dem Kindergarten ist- zögert
nicht ihren Regenschirm aufzuspannen und ihn uns anzubieten, damit
unsere „schöne Haut“ geschont bleibt. Ich möche aber viel
lieber ein bisschen Sonne abbekommen.Drei Kurven und circa 8 Minuten
später betreten wir endlich das Gelände!
Aus
den Räumen hört man schon laute Kinderstimmen. Schnell verstauen
wir unsere Sachen. Danach spielen wir eine Weile mit den Kindern Duplo bis die restlichen Kinder und Erzieherinnen nach und nach
eintrudeln. Schon werden die Uniformen herausgelegt und die Kinder
umgezogen. Hat jedes Kind den Knopf durchs richtige Loch gesteckt und
die viel zu weiten Hosen festgebunden bekommen, gibt es nach einer
weiteren kurzen Spieleinheit den morgendlichen Kakao. Davor wird für
den Tag und für die Familie gebetet.
Die
nächsten Stunden bis zum Mittagessen um halb eins werden heute mit
kurzen Englischliedern, Reimen und einer kurzen Lerneinheit des
englischen Alphabets gefüllt. Das funktioniert so: eine Erzieherin spricht
etwas vor und die Kinder schreien dieses nach. Wie viel sie davon
wirklich verstehen, will ich mir nicht ausmalen.
Danach
sind Eyla und ich dran. Wir bringen den Kindern das Lied„father Abraham“
bei und spielen danach ein Bewegungsspiel. Zwischendurch werden
Streithähne getrennt, Tränen weggewischt und die Kinder gelobt, wenn
sie stolz ein ausgemaltes Bild oder sonstiges zeigen. Die Zeit
vergeht auch heute wie im Flug. Es gibt schon Mittgessen. Die Kinder versammeln
sich, teilen Schüsseln aus und es wird jedem Kind Reis und etwas
Soße aufgetan. Wir bekommen heute auch Reis, aber mit einem nicht so
scharfen Tomatenchutney, ein paar Bohnen und Rührei. Ist das Essen
beendet, holen die Kinder, denen die Augen nicht schon beimEssen zugefallen sind, Bastmatten. Diese werden ausgelegt und die
Kinder darauf platziert. Dann wird im Idealfall zwei Stunden
geschlafen. Ich nutze die Mittagspause heute auch für ein kleines
Nickerchen. Um kurz vor drei werden wir
Auf dem Weg zum Kindergarten. Uma begleitet uns jeden Morgen |
Das Toilettenhäuschen. Hinter der linken Tür verbirgt sich sogar ein westliches Klo :) |
Ein von Eyla und mir gemaltes Plakat zum Thema "die fünf Sinne" |
Du schreibst grossartig! Ich lese deine schoenen Texte immer wieder gene mit. Toller Schreibstil.
AntwortenLöschenIch finde deinen Blog echt super und es ist toll, wie du deine Freunde auf dem laufenden hälst :) Wenn der Blog jetzt noch eine Menüleiste hätte wär alles perfekt :D
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